Ein kaum zu überbietendes Handballjahr 2014 geht zu Ende. Wir sind froh, dass wir zwischen den Jahren Martin Wild (35) zu einem Gespräch bei unserem Partner im Parkcafe Fürstenfeldbruck treffen konnten. Hier spricht unser Trainer über den bisherigen Saisonverlauf und gibt einen Ausblick auf die Vorbereitung zur Rückrunde und was er von der Zukunft in Fürstenfeldbruck erwartet.

handball aktuell: Die erste Hälfte der 3.Liga Saison 2014/15 ist absolviert. Ihr steht mit 12:18 Punkten auf Rang 11. Du kannst zufrieden sein mit dem bisherigen Saisonverlauf oder?

Wild: Nüchtern betrachtet liegen wir mit einem Punkt über unserem Zwischenziel zu Weihnachten. Zwei bis drei Punkte wären sogar mehr möglich gewesen. Trotzdem bin ich nicht unzufrieden. Emotional war es ein unglaublich intensives halbes Jahr mit vielen Höhen und einigen Rückschlägen. Freude bereitet uns allen die neu entfachte Handballbegeisterung in und um Fürstenfeldbruck mit knapp 600 Zuschauern im Schnitt.

handball aktuell: Die Saison begann mit einem Traumstart gegen das Spitzenteam der HSG Konstanz (33:26). Danach konntet ihr über einen längeren Zeitraum nicht mehr doppelt punkten. Hattet ihr dann auch mit einer zu hohen Erwartungshaltung zu Kämpfen?

Wild: Das kann man sicher so sehen. Ein Stück weit wurden wir sicher auch Opfer unseres eigenen Erfolges. Wir haben danach in Horkheim noch ein tolles Spiel abgeliefert, in der Folge aber auch einfach einige Wochen lang keinen guten Ball mehr gespielt, uns zu viel mit Nebensächlichkeiten beschäftigt und verdient Spiele verloren. Ich bin allerdings froh, dass wir uns nicht von unserem Weg haben abbringen lassen und zurück in die Erfolgsspur gefunden haben.

handball aktuell: Was waren für dich die Highlights der Vorrunde?

Wild: Natürlich fällt einem zuerst der Auftaktsieg vor 750 Zuschauern und der Derbysieg gegen Friedberg ein. Ich war zwar spielerisch nicht vollauf zufrieden, aber die kämpferische Leistung und die mit 1000 Zuschauern ausverkaufte Wittelsbacher Halle waren schon beeindruckend. Ihre bisherige Meisterprüfung hat die Mannschaft sicherlich mit dem 34:33 Heimsieg gegen den Drittplatzierten aus Hochdorf abgelegt, als sie sich nach einem 11:16 Rückstand den Sieg auch noch handballerisch verdient hat. Genauso wichtig waren aber auch die Siege gegen die direkten Konkurrenten aus Neuhausen und Balingen, die dann irgendwie jeder erwartet hatte. Aber genau deshalb haben sie eine große psychische Belastung für die jungen Spieler dargestellt. Sie haben dem Druck Stand gehalten. Für uns ist es bei Weitem noch keine Selbstverständlichkeit in der 3.Liga Spiele zu gewinnen.

handball aktuell: Erschwerend kam ja noch hinzu, dass mit Maxi Dück, Max Lentner und Nick Huber die erste Rückraumreihe der vergangenen Saison lange bzw. fast komplett ausgefallen ist

Wild: Ja das stimmt. Und das ist genau der Punkt, warum wir doch sehr zufrieden mit der Entwicklung sind. Das hätte sich auch ganz anders auswirken können. So redet eigentlich fast keiner darüber. Mit Marco Müller und Kilian Schweinsteiger mussten wir ja schon zwei ganz wichtige Spieler ersetzen. Der Umbruch war im Endeffekt viel größer als geplant. Es lief aber doch ziemlich geräuschlos ab.

handball aktuell: Zum Schluss kam ja auch noch Shootingstar Johannes Stumpf dazu. Wie geht es den Spielern? Wann können wir wieder mit ihnen rechnen?

Ich hoffe, dass bei Max Lentner der Heilungsverlauf so ist, dass er zur kommenden Saison langsam wieder einsteigen kann. Da werden wir sicher viel Zeit brauchen. Bei Maxi Dück wage ich keine Prognose. Er bekommt alle Zeit der Welt. Stand jetzt müssen wir ohne ihn die Saison zu Ende planen. Zur kommenden Spielzeit würde er ohnehin aus beruflichen Gründen deutlich kürzer treten. Viel erfreulicher ist allerdings die Entwicklung bei Johannes und Nick. Wir hoffen, Josys Finger wieder bis zum Rückrundenstart hinzubekommen. Nick muss hart an seiner Fitness arbeiten. Er hat nun doch fast ein halbes Jahr nicht kontinuierlich trainieren können. Es liegt an ihm, wann und wie schnell er zurückkommt.

handball aktuell: Umso wichtiger waren die Neuverpflichtungen Dubravko Grgic, Johannes Stumpf, Sebastian Meinzer sowie die Rückkehrer Tobi Prestele und zum Schluss auch noch Andi Krauß, die alle voll eingeschlagen haben.

Wild: Auf jeden Fall. Bei Schorsch (Grgic d.Red.) war ich mir sicher, dass er uns sehr schnell hilft. Ich denke, Sebastian Meinzer und Johannes Stupmpf haben die Erwartungen nicht nur erfüllt, sondern sogar weit übertroffen. Josy kann man eigentlich nicht genug loben mit welcher Leichtigkeit er die Hürde 3.Liga genommen und sich entwickelt hat. Man darf nicht vergessen, dass er gerade 21 Jahre alt ist du immer noch viel Potential nach oben hat. Bei ihm besteht auch keine Gefahr, dass er abhebt. Zumindest nicht abseits des Platzes. Ebenso bei Sebi Meinzer. Er war vor kurzem noch ein Landesligaspieler. Er muss sicherlich noch weiter an seiner Spielfähigkeit arbeiten, athletisch machen ihm aber nur wenige Spieler was vor und er entwickelt mittlerweile sogar Führungsqualitäten. Die hat Tobi Prestele unumstritten. Und auch, wenn man ihm auf dem Spielfeld natürlich seine 3-jährige Pause doch ab und zu angemerkt hat, ist er immer Vorbild im Training und ein absoluter Leader im Team, der die Jungs mitreißen kann. Ein ganz wichtiger Faktor. Andi war diesmal eine harte Nuss. Er hat sich doch lange anbetteln lassen (lacht). Jetzt hat er seine Masterarbeit und sein Studium in Frankfurt fertig und ist wieder mit Haut und Haaren dabei. Er ist sofort wieder die ganz wichtige Stütze in der Abwehr gewesen.

handball aktuell: Stichwort Abwehr. Dort habt ihr eure größten Probleme. Ihr habt mit 454 (30,3 im Schnitt) kassierten Toren die zweitschlechteste Abwehr der Liga. Mit 445 (29,7) erzielten Treffern allerdings auch den zweitbesten Angriff der Liga. Als Neuling kein schlechter Wert.

Wild: Das ist ein guter Zeitpunkt, um mal mit der Mär aufzuräumen, wir hätten tatsächlich den zweitbesten Angriff und die zweitschlechteste Abwehr der Liga. Das sind lediglich die statistischen Werte und stimmt faktisch sicherlich beides nicht. Wir spielen modernen und hoffentlich attraktiven Handball und versuchen viel über Ballgewinne, daraus resultierende erste, zweite und dritte Welle sowie über die schnelle Mitte zum Erfolg zu kommen. Dadurch werden unsere Spiele schneller. Da wir aber ab und an auch noch Tempo mit Hektik verwechseln und zu riskant spielen, schleichen sich immer auch ein paar Fehler ein, die wiederum zu schnellen Gegenstößen führen. Beide Teams kommen im Schnitt so ca. 8-10 mal öfter in Ballbesitz im Spiel als im Ligaschnitt, somit enden unsere Spiele eher 34:33 als 25:24

handball aktuell: Wie lange dürfen sich deine Spieler jetzt nach Weihnachten noch zurücklehnen, bevor die Vorbereitung auf die Rückrunde startet?

Wild: Tatsächlich sollen sich die Jungs jetzt noch komplett bis Silvester ausruhen und mal abschalten und wegen mir auch gar nicht sehen. Seit Anfang Juni stehen wir unter Dauerstrom. Erst ab 2. Januar starten wir wieder.

handball aktuell: Wie sieht der Trainingsplan aus?

Wild: Da unser erstes Spiel gegen Kronau/Östringen auf das Faschingswochenende verlegt wurde, haben wir zwei Wochen Zeit, um die Akkus wieder aufzuladen. In den verbleibenden 15 Tagen bis zum Auftakt in Konstanz stehen dann 14 Einheiten auf dem Programm, darunter auch vier Spiele und ein Kurztrainingslager in Rimpar inklusive einem Spiel gegen die 2.Liga-Mannschaft.

handball aktuell: Was erwartet uns in der Rückrunde? Der Klassenerhalt?

Wild: Das hoffen wir sportlich natürlich alle und arbeiten darauf hin. Es wird aber sicher kein Selbstläufer. Das Programm hat es in sich und niemand unterschätzt uns mehr. Momentan arbeiten wir auch daran, einen Besuch in der Wittelsbacher Halle noch attraktiver zu machen. Große Zuschaueraktionen und Doppelheimspieltage sind in Planung. Wir werden euch hoffentlich bald Ergebnisse präsentieren können.

handball aktuell: Es wäre jammerschade, wenn das Kapitel 3.Liga nach einem Jahr wieder beendet wäre. Gerade jetzt, wo der Funke so richtig aufs Publikum übergesprungen ist.

Wild: Das sehen wir alle genauso, deswegen wollen wir dieses Jahr unbedingt die Liga halten. Es ist toll, wie das mediale Interesse und die Zuschauernachfrage angestiegen sind.

handball aktuell: Wie sieht deine Zukunftsprognose aus?

Mittelfristig soll der Klassenerhalt nicht das größte aller Gefühle sein. Mein Ehrgeiz ist schon, dass wir uns auf Dauer in der 3.Liga etablieren und nicht immer dem Abstiegsdruck ausgesetzt sind. Das Potential in der Mannschaft kann man mit ein paar wenigen Ergänzungen entwickeln. Fakt ist aber auch, dass wir in Fürstenfeldbruck verstehen müssen, dass es noch ein weiter Weg ist, alle notwendigen Voraussetzungen für langfristigen 3.Liga-Handball zu schaffen. Manchmal enteilen die Erwartungen den tatsächlichen Begebenheiten doch schnell mal. Aber ich glaube, wir haben in dieser Saison bereits vieles zum Positiven verändert und das werden wir auch zukünftig tun. Wir arbeiten alle in die gleiche Richtung und sind auf einem guten Weg.

handball aktuell: Knapp 600 Zuschauer im Schnitt. Die Begeisterung um die Mannschaft ist riesig. Die Sponsoren müssten Schlange stehen?

Die Handballbegeisterung in der Münchner Region ist in der Tat fantastisch. Das ist eine gute Grundlage, aber natürlich alleine nicht ausreichend. Deswegen müssen wir auch im sportlichen Bereich weitere wichtige Veränderungen herbeiführen. Dazu zählt den Trainingsaufwand kontinuierlich zu erhöhen und den Trainerstab zu erweitern. Die Spieler müssen aber auch dafür eine halbwegs angemessene Aufwandsentschädigung bekommen. Tatsächlich registrieren wir auch ein gestiegenes Interesse in der Wirtschaft. Das ist auch bitter nötig. Auch wenn Ideen, Visionen und kontinuierliche Arbeit immer noch wichtiger sind als Geld. Aber wir müssen das ganze Projekt auf ein noch viel stabileres Fundament stellen.

handball aktuell: Um auch irgendwann etwas von der ganz großen Handballeuphorie, die gerade im Norden Bayerns herrscht abzubekommen.

Wild: Das ist wirklich toll zu beobachten, was sich in Erlangen, aber auch in Coburg und Rimpar mit bis zu 3.000 Zuschauern in der 2.Liga tut. Da wird richtig gut gearbeitet. Viele Vereine aus unserer Region haben ja schon Sammelfahrten nach Erlangen organisiert. Auch das zeigt, wie sehr man sich nach Bundesliga-Handball sehnt. Nicht ganz zufällig fahren wir jetzt auch nach Rimpar in der Vorbereitung. Wir können noch viel abschauen und lernen von solchen Vereinen.

handball aktuell: Glaubst du Bundesliga Handball in München würde funktionieren?

Wild: Ja. Zu 100 Prozent

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