Als im Herbst der Lockdown kam und die Saison unterbrochen und dann letztendlich abgebrochen wurde, war die Halle für das Handballtraining tabu. Also muss sich jeder mal wieder selbständig fit halten. Aber wie motiviert man Jugendliche dazu? Der erste Schritt war ein Online-Meeting, das kannten wir ja schon aus dem ersten Lockdown vom Frühjahr. Klar war, dass ich mit meinen Mädels der C-Jugend regelmäßig ein Online-Workout abhalte, damit wir uns wöchentlich sehen, Kontakt halten und gemeinsam ein Bodyweight-Workout machen. Doch dafür braucht man bestimmte technische Voraussetzungen. Eines war für mich als Trainer ideal: hatte ich doch vor einem Jahr meinen halben Keller zum professionellen Fitness-Studio für die ganze Familie umgebaut. Nur eines war noch nicht vorhanden, die technischen Voraussetzungen für einen professionellen Livestream aus dem Keller. Bis alles, wie schnelles Internet im Keller, Profikamera, Videoleuchten, Videograbber, Mikrofon usw. bestellt und eingerichtet war, bekamen die Spielerinnen, wie schon im Frühjahr Hausaufgaben in Form von YouTube-Videos bzw. Workouts zugeschickt.

Mit zwei Wochen Verspätung stiegen wir dann endlich ins Online-Training ein. Mit der Zeit zeigte sich aber, dass wir beim Mittwoch-Training zu wenig Beteiligung hatten, da viele Spielerinnen doch durch die Schule oft verhindert und belastet waren. In einer Online-Konferenz haben wir dann auf Wunsch der Spielerinnen das Mittwoch-Training gestrichen und durch freiwillige Workouts, die die Spielerinnen sich selbst zeitlich einteilen, ersetzt. Unser gemeinsames Freitag-Workout am Spätnachmittag blieb bis heute und wird auch gut angenommen.

Da meine Frau auch Übungsleiterin in einem anderen Verein ist, laufen inzwischen durchschnittlich drei Livestreams pro Woche aus unserem Keller. Bei meinen Online-Workout assistiert mir meine Co-Trainerin, sie ist nämlich meine Tochter. So ist alles etwas leichter, einer erklärt und der andere macht vor.

Kurz vor Weihnachten haben wir natürlich auch eine kleine Online-Weihnachtsfeier veranstaltet.

Seit 3 Wochen läuft nun eine neue Challenge: Wir laufen „gemeinsam“ 880 km zum THW Kiel, zuerst zur Sparkassen-Arena in der Innenstadt und zu guter Letzt bis zum neuen Leistungszentrum des THW in Altenholz. Warum gerade der THW Kiel? Hier habe ich, der Trainer der wC, eine besondere Beziehung: Ich bin seit viereinhalb Jahren Trainer, freier Mitarbeiter und Markenbotschafter der Handball-Akademie Kiel des THW. Ziel der Challenge  ist nicht nur das Laufen, sondern auch irgendwann einmal mit der Mannschaft ein Trainingslager im Leistungszentrum zu absolvieren und sich von Trainern des THW, wie der Legende „Pitti“ Klaus-Dieter Petersen, trainieren zu lassen.

Bisher läuft die Challenge sehr gut, die ersten 100 km haben wir schon geschafft. Die Spielerinnen schicken ihren gelaufenen Strecken immer per WhatsApp an den Trainer und diese werden dann in eine Tabelle eingetragen. Beweis für die gelaufenen Meter sind Fotos ihrer Fitnessuhr oder Screenshots aus der Fitness-App. Als zusätzliche Motivation gibt es für die fleißigsten Läuferinnen am Ende einen kleinen Preis.

Auch wenn sich das nun alles gut anhört, ein normales Hallentraining kann dies nicht ersetzen. Wir können versuchen uns fit zu halten, aber das Handballspielen lernen wir hier nicht. Natürlich fehlt auch der gemeinsame Spaß beim Handballtraining und die soziale Gemeinschaft. Aber was einen Trainer Sorgen bereitet ist auch die Frage: Kann ich alle ausreichend motivieren und beim Sport halten? Haben alle die  Vorraussetzungen und Möglichkeiten beim Online-Training mitzumachen? Fällt vielleicht der ein oder andere hinten runter? Hier geht es den Trainern wie den Lehrern. Zudem gibt es in dieser Pandemie Dinge, die wir als Trainer nicht beeinflussen können und wahrscheinlich wenig Einblick erhalten. Wie sieht es in den Familien aus? Sind sie mehr oder weniger von den Auswirkungen dieser Krise betroffen? Je länger diese Krise dauert, desto mehr negative Auswirkungen wird dies auf den Kinder- und Jugendsport haben. Ich hoffe, wie viele meiner Trainerkollegen, dass wir bald wieder in absehbarer Zeit unseren Sport ausüben dürfen. Dann geht es für uns ans Motivieren und Wiederaufbauen.

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